Auf 8m über die Biskaya

Mittwoch, den 29. Juli 2020

Nun waren wir also da, am nördlichen Ende der Biskaya, dieser berühmt-berüchtigten Bucht.
Am Anfang unserer Reise hatten wir es uns nicht zum Ziel gemacht, diese Etappe am Stück zu absolvieren, vielmehr hatten wir überlegt, die französische Küste abzusegeln und in mehreren Etappen über zwei Wochen bis zum Kap Finistere zu fahren.
Im Laufe unserer Reise und der letzten Tage haben wir uns immer wieder über diese Etappe unterhalten.
Am Ende kamen wir zu der Entscheidung, dass es uns doch lieber ist, die Passage mit dem passenden Wetterfenster am Stück zu absolvieren.
Wir schauten also täglich auf die Wind- & Wetterprognose der nächsten Tage: wann würden nördliche Winde einsetzen, wo zieht das nächste Tief entlang und was kommt vom Atlantik rein.
Als sich ein passender Zeitraum andeutete, begannen wir mit den mentalen Vorbereitungen, schließlich wird das die erste Etappe dieser Länge für uns als Familie, drei oder vier Tage am Stück sind wir bisher noch nicht gesegelt. Geankert haben wir schon so lange, auch sind wir bereits seit sechs Wochen unterwegs, so dass uns das Leben an Bord keine Probleme bereiten sollte.
Aber so eine Etappe, ohne die Chance, mal eben schnell “irgendwohin” abzulaufen und zu verschnaufen, das war neu.
Die letzten Tage waren sehr entspannt, vor allem die kleine Wanderung übers Kap und die umliegenden Strände hatte uns viel Kraft gegeben.
Wir ankerten noch ein paar Tage, bis zum Tag vor der Abfahrt, dann verholten wir uns in den Hafen und begannen mit den letzten Vorbereitungen
Verpflegung planen, einkaufen, Vorkochen, Boot vorbereiten, Diesel & Wasser bunkern nochmal einen Motorcheck usw.
Dienstag morgen war es dann soweit, kurz nach neun starteten wir den Motor, lösten die Leinen zum Steg und tuckerten aus der Box.
 
 
Bei leichtem Wind ging es in die vorgelagerte Bucht, die Fender & Leinen wurden verstaut (ein Handfender ist abtrünnig und hat sich für einen Verbleib in Frankreich entschieden…) das Groß wurde gesetzt.
Der Wind kam jedoch eher aus West statt NW, wie vorausgesagt, nun gut, fahren wir erstmal unter Motor aus der Bucht, drehen dann ab und setzen die Genua: Motor aus, es geht los.
Der Seegang war recht angenehm, es stand ein ca. ein-meter hoher Atlantik-Schwell mit langen Wellen bei einer Taktung von ca. 10 Sekunden, der ist wohl noch von dem Tiefdruckgebiet, das hier vorgestern vorbeigezogen ist, da gab es ordentlich Wind…
Hatte den gleichen Kurs wie wir, war aber etwas schneller unterwegs…
Um die Ecke rum war erstmal nicht viel los, mit dem Wind, auch bis “Iles de Sein” ging es bei knapp 3,5 Knoten (Fahrt durchs Wasser) nur recht langsam voran, zwischen den Inseln schlief der Wind dann ganz ein, auch baute sich plötzlich eine unangenehme Kreuzsee mit Wellen aus allen Richtungen auf, nicht nur der Wind drehte hier, offensichtlich kamen hier auch wieder mal zwei Tidenströme zusammen, die sich gegenseitig aufschaukelten.
Wir zögerten nicht lange und nahmen die Genua runter, setzen die Dieselfock und fuhren zügig aus diesem unangenehmen Wellenbild heraus…
ca. 5 Meilen weiter südöstlich war der Seegang wieder deutlich entspannter, nur der Wind wehte noch immer aus West um 2 Beaufort.
Wir setzten dennoch die Segel, es ging ganz gut voran, mit drei bis vier Knoten Richtung Spanien, na hoffentlich frischt der Wind noch etwas auf, sonst sind wir eher fünf statt drei Tagen unterwegs…
Der Wind drehte im Laufe des Tages weiter auf West-Nord-West, legte aber immer noch nicht zu, wir setzten den Spinnaker, um zumindest vor dem Wind noch etwas Strecke zu machen.
Doch das einzige, was zulegte, war der Seegang, richtige Walzen von fünf Metern und mehr, rollten unter uns durch und ließen Marie eine regelrechte Berg- & Talfahrt erleben…und  da der Wind noch schwächer wurde, reichte es bald auch nicht mal mehr für den Spi.
Als das Leichtwindsegel immer wieder einfiel, mussten wir es schließlich bergen, dabei passierte es auch einmal, das ich das Gleichgewicht verlor und mich aufs Deck setzte, leider genau auf das Solarpanel. Bei dem Versuch das Panel nicht punktuell zu belasten und es zu beschädigen, rissen die vier Klebestellen ab…es lag nun also lose auf dem Deck.
Na prima, das fehlte noch, notdürftig bändselten wir es fest, damit es bei der Tour jetzt nicht noch runter rutsche, hoffentlich hält das.
Die nächste Reparatur-Aufgabe ist also auch schon gefunden…damit hier keine Langeweile aufkommt, aber darum kümmern wir uns später.
Entspannung auf See
 
Mit Maschinenkraft ging es weiter in die Nacht hinein, gegen 12 kam es dann zu einem regelrechten “Wuhling” auf See, gleich fünf Schiffe kreuzten unsere Route dicht hintereinander, die meisten davon waren jedoch Fischer, die hier kurz vor der Kontintal-Platten-Kante den großen Fang vermuteten, im AIS frühzeitig zu erkennen war es kein Problem, sie zu umfahren.
Als sich die  “Aufregung” gelegt hatte, war auch etwas Zeit, um den phänomenalen Sternenhimmel zu bestaunen, ohne Lichtverschmutzung bot sich ein einzigartiges Bild, Millionene Sterne und auch die ein oder andere Sternschnuppe machten die fast windstille Nacht trotz Motor-Geräusch zu einer tollen Erfahrung. Wir kannten ja Schönheit des ungestörten Sternenhimmels ja schon aus entlegenen Gegenden des Mittelmeeres, aber hier, auf dem Ozean, war es doch nochmal etwas anderes…
Gegen vier passierten wir dann die Kante des Kontinental-Shelfs, die Wassertiefe steigt ort Sprunghaft von 200 auf über 2000m an, 10 Milen weiter sind es sogar 4500 MEter.
Das ist die Stelle, wo sich bei stümischer West-Wetterlage schnell eine gefährliche See mit großen Brechern aufbaut, heute Nacht war alles ruhig, über dem tiefen Wasser war die See sogar nochmal etwas flacher, als zuvor…

Bis zum Morgen passierte nicht mehr viel, mit der Dämmerung grüßte uns ein Delfin, schwamm kurz neben dem Boot her und kehrte dann wieder um, langsame Motorboote sind halt nicht so spannend…

Dämmerung auf der Biskaya
Ob er wohl ein Boote von Rasmus war, dass es bald wieder losgeht? Hoffen wir’s!
Der Wind wehte jedenfalls immer noch mit ca. 1 Beaufort aus NW. Kurz darauf war eine große Rückenflosse etwas Steuerbord voraus zu sehen, zu groß für einen Delfin, vielleicht ein Orca?
Leider zeigte sich der Meeresbewohner nicht mehr, vielleicht spielten mir meine müden Augen auch nur einen Streich.

Jedenfalls ein guter Zeitpunkt, um mal nach dem Tank zu schauen, da war schon gut 1/3 raus, was mich gleich dazu veranlasste etwas Diesel aus dem Kanister nachzutanken,jetzt, wo es noch so ruhig ist.

Nachtanken unterwegs…
Punkt zehn war es dann so weit, der Windgenerator fing an sich leise zu drehen, ein Zeichen, dass wir segeln sollten, gesagt – getan, Segel raus und tatsächlich, es ging mit 4 Knoten weiter…
Die Crew erwachte auch so langsam, so dass wir erstmal frühstückten, bevor wir uns wieder ans Spi machen sollten.
Den Spinnaker zu setzen und vor allem zu bergen ist zu zweit nicht so einfach, dennoch überwiegen die Vorteile des Leichtwindsegelscgegenüber der deutlich schwereren Genua, so auch dieses mal, nachdem wir die “Eieruhr” entwirrt hatten, lief Marie wieder mit 6 Knoten gen Spanien – Juhu!
Bis zu Nacht blieb es ruhig, kurz vor der allgemeinen Nachtruhe grüßten nochmal drei Delfine und schwammen eine Weile mit uns, herrlich :)’
Da der Wind dann doch noch etwas zugelegt hatte, nahmen wir das Spi noch vor dem Dunkel-werden runter und setzten wieder die Genua, so waren wir zwar zunächst etwas langsamer, dafür aber auch kursstabiler und ruhiger unterwegs, 
Außerdem ist das Handling dann deutlich einfacher, was Ausweich- oder Reff-Manöver angeht.
Mit 5 Knoten gut unterwegs, die Hälfte ist geschafft!

Diese Entscheidung stellte sich im Laufe der Nacht einmal mehr als richtig heraus, der Seegang legte ordentlich zu, der Wind auch noch ein bisschen, so dass wir bis zum Morgen gute 6,5 Knoten Fahrt über Grund machten und so zum Einen sehr gut voran kamen, zum Anderen schlauchte die holprige Fahrt auch ganz schön, die Crew war dann doch recht schlapp, das Frühstück fiel dementsprechend mager aus.

Im Laufe des Vormittags beruhigte sich die See wieder, der Wind hielt noch gut durch, bis er dann gegen 15 Uhr wieder einschlief.
Das passte ungefähr zu unserer Prognose von vor 3 Tagen: da sollte der Wind am Donnertstag schwach sein und dann bis Freitag auf SW drehen, das passierte auch, wobei sich die See soweit beruhigte, dass die Fahrt trotz Maschine sehr angenehm verlief. Gegen acht, kurz vor der spanischen Kante des Kontinental-Schelfs konnten wir die Genua wieder ausrollen und am Wind die letzten 60 Meilen gen La Coruna angehen…
Wenn alles gut läuft, sind wir zum Frühstück im Hafen, na das wäre doch was

Aber, erstmal schauen, wie die dritte Nacht verläuft, erstmal sieht alles ruhig aus, der Atlantik ist regelrecht glatt gezogen, abgesehen von der langen Dünung.

Pedra de Monte Mean im Sonnenaufgang
Wir kamen weiter ganz gut voran, so dass unser Frühstück in greifabre Nähe rückte.
Eine kleine Hürde hatte Rasmus aber noch für uns: Nebel!
Echter Seenebel mit Sichtu um die 200 Meter!
Gut, es war eh Nacht und dunkel, aber der Vollmond hatte uns eigentlich gut geleuchtet, plötzlich war der weg, und auf dem AIS tauchte ien Frachter auf, der gerade die Bucht von La Coruna aufGegenkurs verlassen hatte. Hoffentlich sieht der uns, also erhöhte Aufmerksamkeit, da wir nicht weit genug vorausschauen können, müssen wir uns auf die Elektronik verlassen.Dank AIS kann ich den Frachter auch direkt anfunken, aber er hatte bereits seinen Kurs leicht geändert, offencihtlich war der Schiffsführer wachsam und hatte uns auf dem Rdar entdeckt.
Ein weiteres Eingreifen war nicht nötig und als der Frachter, ca. 500m neben uns vorbeizog, lichtete sich auch der Nebel wieder.
 
Willkommensgrüße!
Kurz darauf kam das Kap “Punta de Seixo Branco” in Sicht, endlich! die letzten 50 Meilen waren schon noch mal sehr kräftezehrend: durch den Nebel war es nass & kalt, dazu ging es hoch am Wind, also mit viel Krängung gen Spanien..
Doch all die Strapazen waren in der Bucht von La Coruna vergessen, 3 Delfine begrüßten uns im Sonnenaufgang und sorgten so für das erste Lächeln des Tages.
 

Viva Espana!

Kurz darauf machten wir im Real Club Nautico fest, einer MArina direkt in der Stadt und freuten uns, über die gemeisterte Etappe 🙂

Geschafft! Darauf erstmal einen Schluck vom letzten Sekt aus der Heimatt! 🙂

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